Du bist die Stadt für mich

Freitag, 04.10.2013

Der Schlager von den Kessler-Zwillingen (so etwas wie Tokyo Hotel der Antike) mag ja noch so blöd sein, doch wenn man ihn in seiner Jugend gehört hat, gehen Melodie und Text immer wieder durch den Kopf: "San Francisco, du bist die Stadt für mich, die etwas hat für mich, die mir gefällt." Der in den 40er Jahren geborene Reiseleiter litt unter diesem Ohrwurm; später geborenen Reiseteilnehmern war der Schlager völlig unbekannt.          Das Hotel hat den Vorteil, zentral an der Market Street zu liegen, aber auch nachts herrscht ziemlicher Lärm auf der Straße. Der Tag begann wie die Vortage, angenehm sonnig und warm mit leichtem Wind nach einer kühlen Nacht.          Trotz des sonnigen Wetters leisteten wir uns wieder einmal einen Museumsbesuch. Weil bis zur Öffnung des Asian Art Museums um 10 Uhr noch 20 Minuten Zeit verblieben, lustwandelten wir um den Platz Civic Center mit Stadtbibliothek, Auditorium, Symphoniehalle, Opernhaus und Veteran's Building. In die City Hall wollten wir erst nicht hinein, sahen dann aber viele Japaner die Treppen hinaufsteigen und schlossen uns ihnen an (Herdendrang?). Nach Passieren der Sicherheitsschleuse beeindruckte uns der Mittelbau mit der Kuppel. Zufällig stellte sich dann heraus, dass um 10 Uhr eine Führung durch den Bau begann, der wir uns anschließen konnten. Die Gästegruppe bestand aus einem Franzosen, drei Japanern und uns beiden Deutschen. Wir erfuhren, dass das vorherige Rathaus nach dem Erdbeben 1906 abgebrannt ist und der jetzige Bau von den Architekten Baker und Brown geplant und 1913 eingeweiht worden ist, jetzt also genau 100 Jahre alt und damit ebenso alt ist wie das Neue Rathaus in Hannover und zudem aus dem Geburtsjahr von Opa Ernst stammend. Natürlich weist er auch einen Superlativ auf: Die Kuppel ist die größte der USA hinsichtlich ihres Durchmessers und ihrer Höhe. Der Bau wurde dem Invalidendom in Paris nachempfunden. Der Bürgermeister,  unter dem der Neubau entstanden war, wollte seinen Namen eingraviert sehen, was ihm verweigert wurde. Da ließ er eines Nachts seinen Namen in den Hauptträger an der Kuppel meißeln und die Buchstaben zur besseren Kenntlichmachung zusätzlich noch anmalen. Die Stadt nahm es hin, versöhnte sich mit ihm und ergänzte später auch noch die Jahresdaten. In den Folgejahren hat man im Inneren des Baus immer weitere Büroräume eingebaut und dem Gebäude damit seine Großzügigkeit genommen. Als der Dom 1938 bei einem weiteren Erdbeben fast zerstört wurde, hat man die Rekonstruktion zum Anlass genommen, den Zustand wie bei der Einweihung wieder herzustellen. Auch wurden nachträglich 640 Stoßabsorber ("Jacks") unter dem Bauwerk installiert. Der Innenausbau erfolgte teils mit Marmor, dabei auch italienischer, in weiten Bereichen auch mit poliertem Kalkstein. In zwei großen Fenstern ist das Schiff San Carlos dargestellt, dass die Bucht von San Francisco 1775 als erstes europäisches Schiff erreichte. Besichtigt wurden auch der holzgetäfelte Gerichtssaal und das Vorzimmer des Bürgermeisters mit seinem Balkon zum Platz. Die City Hall ist als Ort für Hochzeiten beliebt. Interessant war auch noch zu erfahren, wie der Name "Golden Gate" entstanden ist. Im Krieg gegen Mexiko kam 1846 General Fremont in die Bucht, gab ihr wegen der günstigen Lage den Namen und ließ diesen in die Karten eintragen; später wurde der Name allgemein übernommen. Er dachte dabei vor allem an den Handel mit Asien, der aber erst heutzutage richtig in Schwung gekommen ist.          Kurz nach 11 Uhr gelangten wir dann in das Asian Art Museum, dem nachgesagt wird, dass es die weltweit bedeutendste Sammlung von Asiatika beherbergt. In der Tat handelt es sich um eine umfangreiche Kollektion von außergewöhnlichen Exponaten, zusammengetragen aus Indien, Pakistan, Bangladesh, Sri Lanka, Kambodscha, Thailand, Indonesien, Vietnam, Burma, Laos, Malaysia, den Philippinen, Tibet, Nepal, Bhutan, Mongolei, Korea, natürlich China und Japan (umfangreich), und das seit der frühesten Zeit bis heute. Viele Darstellungen beziehen sich auf die buddhistische und hinduistische Götterwelt. Mit dieser für uns exotischen Geschichte, verknüpft mit dem europäischen Kolonialismus, haben wir uns bis nach 16 Uhr befasst. Im Museumsrestaurant wurde natürlich asiatisch gegessen.         Danach begab sich die Reiseteilnehmerin zurück auf den Weg zum Hotel, den sie auch fast alleine gefunden hätte, während der Reiseleiter noch weitere Besichtigungen vornahm (Mission Dolores mit Missionskirche, leider bereits um 16:30 Uhr geschlossen, neue und alte Münzprägeanstalt, Moscone Center West). Nach dem japanischen Abendessen - es sollte ein voller asiatischer Tag werden - im Westfield San Francisco Center verzweifelte eine Reiseteilnehmerin fast, weil es im gesamten Center und auch bei Bloomingdale's kein Stickgarn der Sorte "schneeweiß" gab.          Während in San Fran tagsüber gute 25 ºC geherrscht haben dürften, wurde schon mal nach den in den nächsten Tagen zu erwartenden Wetterverhältnissen gegockelt. Schock: Für Denver CO hieß es: 2 ºC und leichter Schneefall. Sollen wir besser hier bleiben?